Alles zerfällt [Chinua Achebe] - Buch Review

Originaltitel: Things Fall Apart
international: "
deutsch: Alles zerfällt
Autor: Chinua Achebe
Genre: Historische Fiktion
Format: Roman (208 Seiten)
Originalsprache: Englisch
VÖ: 1958
goodreads: Things Fall Apart (The African Trilogy, #1) by Chinua Achebe | Goodreads
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Ein Klassiker der postkolonialen Literatur, der den Konflikt zwischen Veränderung und Tradition im Zuge des europäischen Kolonialismus aus einer unterrepräsentierten Perspektive darstellt.

Klappentext

1890, Nigeria. Okonkwo versucht sich in seiner Dorfgemeinschaft einen Namen zu machen und Ansehen zu erlangen, bis er für ein versehentliches Vergehen mit siebenjähriger Verbannung bestraft wird. Als er schließlich zurückkehrt, muss er feststellen, dass seine alte Gemeinschaft nun unter dem Einfluss von christlichen Missionaren und englischen Kolonialherren steht...

Review

Als Klassiker der afrikanischen Literatur bietet Alles zerfällt eine seltene, afrikanische Perspektive auf die Kolonialzeit. Der Roman ist der erste Teil von Achebes Afrika-Trilogie. Er stellt eine Antwort auf westlich geprägte postkoloniale Literatur da, wie zum Beispiel Joseph Conrads Herz der Finsternis, deren Darstellung der einheimischen Bevölkerung Afrikas von Achebe als oberflächlich und rassistisch kritisiert werden. Alles zerfällt spielt in Nigeria, Ende des 19. Jahrhunderts, und handelt von einem Mann namens Okonkwo, einem männlichen Angehörigen der einheimischen Igbo-Ethnie. Aus der Perspektive des stolzen Kriegers schildert Achebe detailreich die Lebensweise und Gesellschaftsstruktur der Igbo, sowie im weiteren Verlauf deren Zerfall unter dem wachsenden Einfluss europäischer Kolonialisten und christlicher Missionare. Alles zerfällt zeichnet nicht nur ein historisch wertvolles Bild einer innerhalb der Literatur unterrepräsentierten Kultur, sondern erzählt gleichzeitig auch die tragische Geschichte eines traditionalistischen Antihelden und dessen Unfähigkeit, sich dem Wandel der Welt anzupassen.    

✅Highlights

  • historisch wertvoll
  • wohlwollende und zugleich unverblümte Darstellung der Igbo-Kultur
  • nuancierte Aussage
  • einfache und authentische Sprache
Der besondere Reiz des Romans liegt in seiner lebhaften Darstellung der Igbo-Kultur. Von Hierarchien, Familienstrukturen, Landwirtschaft, Essgewohnheiten, Ritualen und Traditionen, Religion, bis hin zur Kriegsführung zeichnet Achebe ein ganzheitliches Bild des Lebens seiner Vorfahren, das durch seine Authentizität und seinen Seltenheitswert historisches Interesse weckt. Aus den Schilderungen spricht eine Anerkennung, die europäische Beschreibungen der afrikanischen Kultur oftmals vermissen lassen. Gleichzeitig wird die Kultur aber auch nicht idealisiert. So scheut der Autor nicht davor, auch Aspekte zu beschreiben, die den modernen, westlichen Moralvorstellungen stark widersprechen - beispielsweise die patriarchale Gesellschaftsform oder Praktiken wie Ritualmord. Auch die Kolonialherrschaft wird differenziert dargestellt - der Selbstgerechtigkeit und Brutalität der weißen Eroberer wird zum Beispiel die Geschichte eines jungen Mannes gegenübergestellt, der mit der eigenen Kultur hadert und im christlichen Glauben Zuflucht findet. So ist die Aussage des Romanes zwar insgesamt eher den Kolonalisierten zugeneigt, erhebt jedoch nicht plump den Zeigefinger, sondern vermittelt das komplexe Thema moralisch vielschichtig und nuancenreich. Sehr gelungen ist auch die sprachliche Gestaltung des Romanes, die insgesamt sehr zugänglich gehalten ist und durch etliche Begriffe aus der Igbo-Sprache bereichert wird. Es werden viele volkstümliche Sprichwörter und Geschichten eingebracht, die Außenstehenden eine einzigartige Immersion in die Denkweise des Volkes ermöglichen.       

❌Schwächen

  • keine stringente Handlung
  • unsympathischer Protagonist
  • Verständnisprobleme durch Fremdwörter
Die Erzählung wird nur von einem sehr losen Handlungsstrang verbunden und besonders die detaillierten Beschreibungen des Dorflebens in der ersten Hälfte des Romans erscheinen oftmals eher als Selbstzweck, anstatt dem Plot zuträglich zu sein. Es wirkt manchmal, als würde sich der Autor zu sehr in der Etablierung des Settings vertiefen und dabei vergessen, eine Geschichte zu erzählen. Dadurch kann die Geduld des Unterhaltungslesers auf die Probe gestellt werden. Der Protagonist lädt ebenfalls nicht gerade zum Mitfiebern ein, weil er nicht nur unsympathisch wirkt, sondern auch recht eindimensional bleibt. Auch wenn die Einbindung viele Fremdwörter aus der Sprache der Igbo der Geschichte mehr Authentizität verleiht, können diese manchmal zu Verständnisprobleme führen und der ständige Verweis auf Fußnoten hemmt den Lesefluss. 

Fazit: 4/5 

Ein Klassiker der postkolonialen Literatur, der den Konflikt zwischen Veränderung und Tradition im Zuge des europäischen Kolonialismus aus einer unterrepräsentierten Perspektive darstellt. 

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