Die Insel der Mutanten [Olaf Stapledon] - Buch Review
Originaltitel: Odd John: A Story Between Jest and Earnest
deutsch: Die Insel der Mutanten
Autor: Olaf Stapledon
Genre: Sci-Fi, Philosophie
Format: Roman (190 Seiten)
Originalsprache: englisch
VÖ: 1935
ISBN: 9783453303928
goodreads: Odd John by Olaf Stapledon | Goodreads
TheStoryGraph: Odd John: A Story Between Jest and Earnest by Olaf Stapledon, Leslie Fiedler | The StoryGraph
Eine fiktive Biographie eines Übermenschen, die philosophische Kontemplation dem Unterhaltungswert überordnet.
Klappentext
John Wainwright ist ein Sonderling. Während seine körperliche Entwicklung verzögert ist, verfügt er andererseits bereits im frühen Alter über außergewöhnliche geistige Fähigkeiten und sogar übersinnliche Kräfte. Bald lernt er die gewöhnlichen Menschen zu verachten und sie als Tiere anzusehen. Als John von der Existenz von seinesgleichen erfährt, entwickelt er den Plan, eine Kolonie von Übermenschen zu gründen...
Review
Die Geschichte des seltsamen John wird in Form einer Biographie erzählt, deren Verfasser sein Kindheitsfreund und einziger Vertrauter unter den "normalen" Menschen ist. Dieser schildert dessen Lebenslauf von früher Kindheit bis zu seinem vorzeitigen Tod. Das Ende der Geschichte wird bereits auf der ersten Seite vorweggenommen - ein Merkmal der altmodischen Erzählweise des Romans, der die Ereignisse von Johns Leben auf distanzierte und sachliche Art beschreibt, anstatt den Leser sie "miterleben" zu lassen. Der Roman liest sich somit wie ein nüchterner Tatsachenbericht, dessen Reiz nur zweitrangig in seinem Plot, und primär in den größeren philosophischen Konzepten liegt, die darin vermittelt werden. Die Themen reichen von menschlichen Entwicklungsperspektiven und Moral, bis hin zu Religion und politischen Ideologien.
✅Highlights
- philosophisch anspruchsvoll
- erstaunliche politische Weitsicht für seine Zeit
- schwere Themen werden unterhaltsam verpackt
Das Buch bietet deutlich gehaltvollere Lektüre, als der deutsche Titel zunächst vermuten lässt. Als Doktor der Philosophie gelingt es Stapledon mit Die Insel der Mutanten philosophische Überlegungen in eine unterhaltsame Erzählung zu verpacken, die als gutes Vehikel dient, um diese schweren Themen zugänglicher zu machen. Seine scharfsinnigen Ausführungen zur Natur des Menschen und dessen Moral laden auch noch heutzutage zum Nachdenken ein. Besonders in den Überlegungen zu politischen Ideologien, insbesondere dem Kommunismus und Nationalismus, wird, angesichts des Erscheinungsdatum nur wenige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg, mitunter eine erstaunliche Weitsicht deutlich. Besonders angesprochen hat mich auch die differenzierte Darstellung des "Superman", der in dieser Geschichte nicht gerade das Comic-Klischee eines heldenhaften Sympathieträgers bedient.
❌Schwächen
- das Interessanteste nimmt einen zu kleinen Anteil der Geschichte ein
- trockene Erzählweise, wenig Spannung
- die Geschichte wird den Konzepten untergeordnet
- Unklarheiten durch distanzierte Perspektive
Auch wenn Die Insel der Mutanten durchaus auch unterhaltsame Qualitäten hat, wird beim Spagat zwischen Sachliteratur und Belletristik in der Regel ersterer den Vorzug gegeben. Besonders in Johns langen Monologen, in denen er seine Ansichten zu verschiedenen tiefgreifenden Themen darlegt, kann die Geduld des Unterhaltungslesers mitunter auf die Probe gestellt werden. Der trockene Stil trägt ebenfalls seinen Teil dazu bei, dass der Roman nicht gerade spannend ist und es mir allzu leicht fiel, ihn aus der Hand zu legen. Dadurch, dass die Geschichte aus der Perspektive eines Außenstehenden geschrieben ist, werden manche Teile der Handlung unklar gelassen, da der Erzähler sie nicht selbst miterlebt hat. Dies trägt zwar zum Realismus bei, wirft aber auch die Frage auf, ob sich nicht vielleicht ein anderer Blickwinkel angeboten hätte. Außerdem weniger gut gefallen hat mir, dass der Roman sehr lange braucht, um in Fahrt zu kommen. So hätte ich mir insgesamt einen größeren Anteil der späteren Teile der Geschichte gewünscht, die ich deutlich interessanter empfand, als die erste Hälfte.
Fazit: 3/5 ⭐
Eine fiktive Biographie eines Übermenschen, die philosophische Kontemplation dem Unterhaltungswert überordnet.
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