Der Mörder in mir [Jim Thompson] - Buch Review
Originaltitel: The Killer Inside Me
deutsch: Der Mörder in mir / Liebling, warum bist du so kalt
Autor: Jim Thompson
Genre: Crime, Mystery, Noir, Horror
Medium: Roman (240 Seiten)
Originalsprache: englisch
VÖ: 1952
deutsch: Der Mörder in mir / Liebling, warum bist du so kalt
Autor: Jim Thompson
Genre: Crime, Mystery, Noir, Horror
Medium: Roman (240 Seiten)
Originalsprache: englisch
VÖ: 1952
ISBN: 978-3-257-22508-2
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TheStoryGraph: The Killer Inside Me by Jim Thompson | The StoryGraph
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Ein verstörendes Porträt eines Serienmörders, das seiner Zeit voraus war, aber in mancher Hinsicht schlecht gealtert ist.
Klappentext
In der Kleinstadt Central City, Texas ist Deputy Sheriff Lou Ford allseits beliebt. Er ist zwar nicht der Hellste, aber immer freundlich und mit Bewohnern aller Gesellschaftsschichten gut bekannt. Was sie nicht wissen: hinter der sympathischen Fassade verbirgt sich ein Monster, dessen unstillbarer Drang zu töten schon mehrere Leben gekostet hat. Nachdem sein Bruder bei einem Baustellenunfall stirbt, der ganz und gar kein Unfall war, ist Lou entschlossen, Rache zu nehmen - und wenn dabei Unschuldige sterben müssen, ist ihm das gerade recht...
Review
Der Mörder in mir gilt als einer der frühsten Romane, der einen intimen Einblick in die Psyche eines Serienmörders verschafft. Mit einer für seine Zeit außerordentlichen Brutalität zeichnet Autor Jim Thompson aus der Ich-Perspektive das Selbstporträt eines soziopathischen Killers, der, während sich die Schlinge immer enger um ihn zieht, vor keiner Gewalttat zurückschreckt. Der Noir-Klassiker vermittelt eine gefühlskalte, düstere und verrohte Stimmung, die nicht nur durch die Gewaltdarstellungen und die krankhafte Denkweise des Erzählers, sondern auch besonders durch den knappen Schreibstil vermittelt wird. Dieser stellt trotz seiner Kompaktheit, auch wegen der altmodischen Ausdrucksweise, aus heutiger Sicht einen leicht erhöhten Anspruch an den Leser. Thematisch behandelt der Roman die Perversion des menschlichen Geistes durch Trauma und psychische Krankheiten, sowie den Kontrast zwischen der Außenwahrnehmung und dem Innenleben eines Menschen. Besonders erschreckend an der Geschichte ist, dass Menschen wie Lou Ford äußerlich in keiner Weise von einem rechtschaffenden Bürger zu unterscheiden sind - man kann sich niemals sicher sein, dass sich hinter dem freundlichen Lächeln eines Nachbarn oder Bekannten nicht in Wirklichkeit ein kaltblütiges Monster versteckt. Zwar ist Der Mörder in mir aus heutiger Sicht weniger schockierend als bei seiner Veröffentlichung in den 50ern, trotzdem eignet sich das Buch wegen den expliziten Gewaltdarstellungen und Misogynie nur für erwachsene Leser mit starken Nerven.
✅Highlights
- Vorreiter in seinem Genre
- passender und glaubwürdiger Schreibstil
- unzuverlässiger Erzähler lässt Leser selbst mitdenken
- auf realistische Weise brutal
- gelungenes Ende
Mit seiner aus Tätersicht wiedergegebenen Erzählung eines Psychopathen war Der Mörder in mir seiner Zeit voraus und lieferte ein frühes Vorbild für fiktionale Serienkiller wie Hannibal Lecter und Patrick Bateman. Der kurzangebundene und in der Redensart des Protagonisten gehaltenen Stil verleiht dem Buch eine rohe Glaubwürdigkeit, die ebenfalls durch die realistische Darstellung von Gewalt unterstützt wird. Zwar sind brutale Szenen vorhanden, jedoch rutscht die Erzählung zu keiner Zeit in überzogenes Slasher-Territorium ab, sondern beschreibt die Taten eher unspektakulär und nüchtern. Die Erzählung nimmt den Leser nicht an die Hand - besonders dadurch, dass sämtliche Vorgänge aus der Sicht eines unzuverlässigen Erzählers geschildert werden, muss der Leser mitdenken, um sich manche Zusammenhänge zu erschließen. Insgesamt vermittelt der Roman gut seine düstere Noir-Stimmung, ohne dabei allzu kitschig zu wirken und vereint dabei Psychothriller, Crime und Horror zu einem unterhaltsamen Paket mit einigen Schauermomenten und einem gelungenen Ende.
❌Schwächen
- klischeehafte Geschichte
- Protagonist wirkt uninspiriert
- dürftige Erklärung der psychischen Krankheit
- problematisches Frauenbild
- gelegentlich schwer zu folgen
Auch wenn meine negative Kritik sich teilweise aus dem Alter der Geschichte ergibt, betrachte ich sie zwangsläufig mit den Augen eines modernen Lesers. Was in den 1950er-Jahren wahrscheinlich noch sehr schockierend wirkte, ist aus heutiger Sicht zwar nicht harmlos, wirkt aber dennoch weit zahmer, wenn man es mit Werken wie zum Beispiel American Psycho vergleicht. Auch die Geschichte wirkt in der Rückschau etwas uninspiriert, denn die alte Leier von dem aus einem Trauma aus Kindesmissbrauch entstammenden Serienmörder ist inzwischen zu einem gängigen Horrorklischee geworden. Auch wenn der Kontrast zwischen der netten Fassade und dem menschenverachtenden Innenleben von Lou Ford interessant ist, bleibt der Charakter doch insgesamt eher langweilig. Die Krankheit, an der er leidet, ist zudem nur sehr vage beschrieben und es wirkt so, als würde dem Autor das medizinische Fachwissen fehlen, eine psychische Erkrankung dieser Art authentisch zu beschreiben. Außerdem fällt auf, dass in dem Roman eine problematische Sicht auf Frauen propagiert wird. Damit sind nicht die Ansichten gemeint, die die verdrehte Weltsicht des Protagonisten wiedergeben, sondern objektive Teile - wie zum Beispiel, dass eine verprügelte Prostituierte sexuellen Gefallen an der Misshandlung findet. Auch wenn der Stil insgesamt passend ist, gab es dadurch zwischendurch Momente, in denen ich Mühe hatte der Erzählung zu folgen.
Fazit: 3/5 ⭐
Ein verstörendes Porträt eines Serienmörders, das seiner Zeit voraus war, aber in mancher Hinsicht schlecht gealtert ist.
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